800 Jahre sind genug! Rund hundert Menschen beteiligten sich an der Irland-Demo vom
28. März. Nachdem das Seiten-Transpi und deren Trägerlnnen
eingetroffen waren (hat's die Karre doch noch einmal geschafft),
konnte es vom Stadelhoferplatz Richtung Kreuzplatz losgehen. Wir
forderten die sofortige Freilassung aller politisch-irischen
Gefangenen in Nordirland, den sofortigen Rückzug der britischen
Truppen, die Auflösung der nordirischen Polizei (RUC), ein
friedliches und gerechtes Irland sowie ein vereinigtes und
sozialistisches Irland. Zwischen Januar 1969 und Dezember 1986 wurden 166 Zivilistlnnen,
die keinerlei Verbindung zu paramilitärischen Organisationen
unterhielten, von der britischen Armee und der RUC (nordirische
Polizei) getötet. Bei den Opfern handelt es sich fast
ausnahmslos um Katholiklnnen, die in der Regel eher nationalistisch
sind, sich also eine Nation mit Irland wünschen. (Katholikln
oder Protestantln werden im Text deshalb gewählt, weil sie die
gebräuchlichsten sind. In Nordirland tobt jedoch kein
Religionskrieg, es geht nicht darum, die eine Gemeinschaft vom
Glauben der anderen zu überzeugen.). In 98.8% der Fälle kam
es nicht zur Verurteilung der Täterlnnen. Die RUC besteht aus
über 93% Protestantlnnen, die in der Regel eher unionistisch
gesinnt sind, sich also für den Verbleib Nordirlands bei
Grossbritannien einsetzen. RUC-Angehörige arbeiten vielfach in
einer Doppelrolle. Tagsüber gehen sie ihrem Polizeidienst nach,
Nachts sind sie Mitglieder in einer protestantischen
paramilitärischen Gruppierung und machen Jagd auf unbeteiligte
katholische Zivilistlnnen. Dossiers über mutmassliche Angehörige
der IRA oder INLA werden den Paramilitärs von der Polizei
zugeschoben, damit diese die Dreckarbeit, sprich: Ermordungen
erledigen können. Dem britischen Konsul wurde eine Protestnote mit den obengenannten
Forderungen übergeben, welche dieser persönlich in Empfang
nahm und versprach, sie dem Botschafter in Bern weiterzuleiten. Da
sind wir aber beruhigt, dass sich nach 800jähriger englischer
Präsenz in Irland mal ein Offizieller um die irische Sache
bemüht. Zurück ging es wieder dieselbe Strecke, fragt mich
aber nicht nach den Strassennamen, ich komme aus Aarau (Stadt) im
Aargau (Kanton) (Klammerbemerkungen für alle Zürcher
Geographiedilettantlnnen). Auf jeden Fall marschierten wir wieder am
Bahnhof Stadelhofen vorbei, Richtung Niederdorf (Teil der Altstadt
von Zürich) (Klammerbemerkung für alle Aargauer
Geographiedilettantlnnen: Niederdorf, nicht Niederrohrdorf). Dies,
nachdem sich einige Punks entschlossen hatten, sich nun doch nicht
unter ein VBZ-Tram zu legen, da noch genügend Bier vorhanden war
und die Batterie der Musikanlage ihren Geist aufgegeben hatte. Vor dem deutschen Generalkonsulat folgten zwei Redebeiträge.
Der eine zur Situation von Roísín McAliskey, der andere
zur Situation politischer Gefangener in anderen europäischen
Ländern. Seit dem 20. November 1996 wurde die Irin Roísín
McAliskey von den britischen Behörden in Auslieferungshaft
gehalten. Vor einigen Wochen und nach zahlreichen internationalen
Protesten kam sie nun endlich frei. Sie wird von den deutschen
Behörden verdächtigt, an einer erfolglos verlaufenen
Mörserattacke der IRA auf eine britische Garnison in Osnabrück
beteiligt gewesen zu sein. Roísín besitzt für die
Tatzeit jedoch ein hieb- und stichfestes Alibi. Trotzdem wurde die im
vierten Monat schwangere Frau auf dem Weg zum Arzt verhaftet und
während sechs Tagen jeweils von acht Uhr morgens bis ein Uhr
nachts von der RUC verhört. Kurz nach Ablauf der
Sieben-Tage-Frist (nach dieser Frist muss den Gefangenen der Grund
der Festnahme mitgeteilt werden) erfuhr Roísín, dass
die deutschen Behörden ihre Auslieferung forderten. Sie wurde
sofort nach England geflogen, ohne dass ihre Angehörigen davon
erfuhren. Dann folgte ein Horrortrip: In Holloway, der Haftanstalt,
reagierten die Vollzugsbeamtlnnen nur zögerlich auf ihre Notrufe
(sie hatte stressbedingte Asthmaanfälle), dann wurde sie in
einen reinen Männerknast verlegt. Drei Tage vor der Geburt ihrer
Tochter konnte sie durch eine Kautionsleistung von 100 000 Pfund ins
Maudley Spital in Südlondon wechseln. Wenige Stunden vor der
Geburt ihrer Tochter wurde ihr immerhin mitgeteilt, dass sie während
der Geburt nicht in Handschellen gelegt sein werde. Dies war zuerst
einer der Auflagen, weshalb sie den Knast überhaupt verlassen
durfte! Obwohl sie mittlerweile frei ist, bleibt sie im Maudley
Spital und lässt sich wegen post-traumatischen Stress behandeln,
ausgelöst durch die miserablen Haftbedingungen. Der
Auslieferungsantrag der deutschen Behörden besteht jedoch nach
wie vor. Wie überreichten eine Protestnote, in welcher deren
Aufhebung gefordert wird. Zurück ging's wieder auf den Stadelhoferplatz, wo die
Schlusskundgebung der friedlichen Demo stattfand. Patrik Zurück zur Hauptseite vom karnikl oder des KulturZentrums Bremgarten KuZeB
Irland
Demo vom 28. März in Zürich
© 1997, 2019 Copyright beim Verein KulturZentrum Bremgarten KuZeB some rights reserved (Creative Commons BY-SA). Geändert am 31. Mai 2009. Erstellt von Kire.