Besuch im AKW Beznau Als Abschluss des Läsothek-Themenmonats "Energie"
im KuZeB Bremgarten, haben wir uns in die Höhle des Atoms
vorgewagt. 14 Leute aus Bremgarten und Umgebung nahmen an dieser
Expedition ins AKW Beznau teil. Nach einem 4 km langen Fussmarsch an
der begradigten Aare entlang erreichten wir zuerst das
Wasserkraftwerk Beznau und später die Insel Beznau, auf welcher
die beiden ältesten Reaktoren der Schweiz, eingemauert in viel
Beton, vor sich hin strahlen. Betrieben wird das ganze Debakel von
den Nordostschweizerischen Kraftwerken NOK (nicht zu verwechseln mit
dem Zirkus, obwohl auch viele Clowns mitarbeiten). Als Treffpunkt war
der betriebseigene Informationspavillon neben dem Schloss Böttstein
abgemacht. Mit einer viertelstündigen Verspätung erreichten
wir diesen Treffpunkt dann auch. Nach einer kurzen Begrüssung
mit komischen Blikken folgte die Bekanntgabe des Besuchsprogramms und
die Vorstellung unseres Besuchführers. Zuerst ging's in den Keller, wo wir einen Film über die
jährliche Auswechslung von Brennstäben ansehen durften.
Auch eine Folie mit den obligaten Zahlen, wie wenig Abfall doch so
ein AKW produziere und der Hinweis, dass ein AKW keinen CO2-Ausstoss
habe, durften natürlich nicht fehlen. Nachher gab's erstmal eine
Kaffeepause. Diese Zeit nutzten wir natürlich, um unseren Führer
Herr Reiser (nicht zu verwechseln mit Rio Reiser) - er arbeitet schon
20 Jahre in Beznau und das Ganze ohne Schaden, wie er sagt, - mit
kritischen Fragen zu löchern. Auf die Sinnlosigkeit der
Aufbereitung abgebrannter Brennstäbe angesprochen, antwortete
er, das sei alles Lügenpropaganda und er sei überzeugt vom
Sinn des Brennstabrecyclings. Auf die Bemerkung der erhöhten
Leukemieraten im Umfeld der beiden Wiederaufbereitungsanlagen La
Hague und Sellafield ging er gar nicht erst ein. Auf die Geschichte
mit dem ominösen Stein, den GREENPEACE bei La Hague aus dem Meer
gefischt hatte und in die Schweiz bringen wollte, dann aber am Zoll
aufgehalten wurde, weil dieser Stein eine derart erhöhte
Strahlung aufwies, dass er jetzt endgelagert werden muss,
angesprochen, klärte er uns auf, dass eben in Frankreich andere
Grenzwerte vorgegeben seien, das sei das Problem gewesen. Und
sowieso, es sei doch gut, dass die Schweiz so strenge Richtlinien
habe... Nach dieser wenig fruchtbaren Diskussion war ein Rundgang im
Informationspavillon angesagt. Da erklärte er uns, dass
radioaktive Strahlen etwas sehr natürliches seien. Anhand eines
Computer-Programmes rechnete er aus, wieviel radioaktive Strahlung
wir in Bremgarten im Jahr aufnehmen. Natürlich durfte auch ein
Vergleich mit Beznau nicht fehlen. Da kam dann raus, wer hätte
es auch anders erwartet, dass in Beznau keine höhere Strahlung
gemessen wird als in Bremgarten. Wegen unserer Verspätung gerieten wir in Zeitdruck, denn der
Wachmann im Kernkraftwerk wartete schon auf uns. Nachdem alle noch
auf irgendeinen der vielen lustigen Knöpfe - welche immer irgend
etwas noch lustigeres auslösten - gedrückt haben, liefen
wir wieder den Berg runter, vom Informationspavillon zur Anlage, wie
sie unser Führer so schön nannte. Vorbei an doppelt
gezogenen Zäunen mit viel Stacheldraht (die eben die Anlage vor
ungebetenen Gästen schützt) und vielen Kameras, gelangten
wir zum Eingang. Bevor man/frau dann aber wirklich ins Herz der
Anlage vordringen durfte, waren noch Ausweiskontrolle und der
Spaziergang durch den Metalldetektor angesagt. Zwei Personen unserer
Gruppe verweigerte der Wachmann, mit einer schönen braunen
Uniform und Schnäuzchen - wie es sich gehört - den
Eintritt, weil sie keinen offiziellen, eidgenössischen, amtlich
beglaubigten Personalausweis bei sich hatten. So gingen wir dann halt
zu zwölft, mit schönen blauen Bauhelmen bewaffnet und vom
strammen Wachmann verfolgt, in die Anlage - zuerst ins Zwischenlager
für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Ausser ein paar gelben Fässern und einem Arbeitsplatz mit
vielen Joysticks und Knöpfen, der aussah wie Flash Gordons
Bedienungspult in seinem Raumschiff, gab's da nicht viel zu sehen. Neben dieser Halle befindet sich im Moment das Lager für
stark radioaktive Abfälle im Bau. A propos Abfälle und
Lagerung: Der Herr Reiser findet es noch zu früh, um sich
wirklich Gedanken zu machen über die Endlagerung von Abfällen,
das sei sowieso erst in etwa 40 Jahren, wenn er sowieso schon tot
sei, aktuell, wenn sich die Fässer abgekühlt hätten,
und überdies seien die Pläne für die Verwirklichung
eines Endlagers schon in der Schublade. Auf dem Weg ins Maschinenhaus
hatte ich noch ein bisschen die Gelegenheit ein paar Fragen zu
stellen. Ich fragte ihn zum Beispiel, wie denn das so sei mit dem
nachträglich, für 1,4 Milliarden Franken, eingebauten
Sicherheitssystem "NANO", und warum dieses um einiges
weniger "sicher" sei als die Sicherheitssysteme in
Leibstadt oder Gösgen. Darauf meinte er, es sei richtig, dass
die Sicherheitssysteme in Gösgen und Leibstadt besser seien,
aber: Man/frau dürfe nicht den Fehler machen, den übrigens
auch die AKW-GegnerInnen in Deutschland machen würden, die
neusten Anlagen mit den ältesten zu vergleichen. So im Stil: Das
"NANO" ist sehr sicher, aber die Sicherheitssysteme in
Gösgen und Leibstadt sind noch sicherer. Durch das sehr lärmige Maschinenhaus und ein paar Treppen
rauf und runter gelangten wir ins Vorzimmer des Kommandoraumes. Auf
der linken Seite war der Kommandoraum für Beznau I (Baujahr
1969), auf der rechten Seite der Kommandoraum für den "neuen"
Reaktor Beznau II (Baujahr 1971). Laut Gesetz müssten pro Raum 4
Personen die Anlage Überwachen. Bei Ihnen seien's aber pro Raum
7-8 Personen. Denn: Angenommen eine Mitarbeiterin oder ein
Mitarbeiter hätte einen Herzinfarkt, dann müsste sich eine
andere Person um diese kümmern, da würden zwei Personen
fehlen, und wenn die dritte Person noch die Ambulanz rufen müsste
oder wenn sie Durchfall hätte, würden drei Personen fehlen
usw. Leuchtet ein. Das war dann auch die letzte Station unseres Besuchs. Bei der
Verabschiedung meinte Herr Reiser noch, dass er sich gefreut habe
über unseren Besuch, denn mit AKW-GegnerInnen, die noch nie eine
solche Anlage besucht hätten, könne er nichts anfangen, die
seien gar nicht richtig informiert. Gerne dürften wir noch
einmal vorbeikommen, meinte er noch, dann könnten wir noch ein
bisschen weiter diskutieren, heute sei die Zeit halt zu knapp gewesen
für lange Diskussionen.
Mit diesen Worten entliess er uns in die inzwischen eingekehrte
Dunkelheit. Mit einer Fackel machten wir uns wieder auf den Weg an der
begradigten Aare entlang, nicht viel gescheiter, aber dafür
strahlend...
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© 1997, 2019 Copyright beim Verein KulturZentrum Bremgarten KuZeB some rights reserved (Creative Commons BY-SA). Geändert am 31. Mai 2009. Erstellt von Kire.