14. Weltjugendfestspiele Kuba '97 Erlebnisbericht von Eva, Mitglied der Kuba-Solidaritätsgruppe
Schweiz Land und Leute kennenlernen 12'000 Jugendliche, StudentInnen und Junggebliebene nahmen an den
diesjährigen Weltjugendfestspielen in Havanna teil. Die
Delegierten aus ca. 130 verschiedenen Nationen hatten eines
gemeinsam: die Teilnahme an einem Festival im Zeichen des
Antiimperialismus, der Solidarität, des Friedens und der
Freundschaft. Die grösste Delegation mit über 800 Personen
war aus den USA! Die meisten kamen natürlich, um endlich Kuba
kennenzulernen - das Land der Revolution, der sozialistischen
Gesellschaft, in welchem Che Guevara für Gerechtigkeit und
Freiheit gekämpft hatte. Zu seinen Ehren und mit seiner
geistigen Präsenz demonstrierten Delegierte von progressiven
Organisationen aus aller Welt Solidarität mit Kuba. Sie träumten
von einer neuen, sozialeren Gesellschaft, diskutierten, tauschten
Erfahrungen und Informationen aus. Es wurde eine riesige, bunte
Party. Die Schweizer Delegation repräsentierte in vier
Landessprachen unsere Multikultur, aber auch die "bunte Linke"
unseres Landes: GewerkschafterInnen, Jusos, JungkommunistInnen,
TKEP-Mitglieder, ZapatistInnen, Soli-MitarbeiterInnen, Szenenleute
und HausbesetzerInnen. VertreterInnen der 1. und 2.
AusländerInnen-Generation aus Italien, Chile, der Türkei,
Rumänien, Kurdistan und Mexiko brachten durch die verschiedenen
Mentalitäten eine zusätzliche kulturelle Vielfalt mit.
Spätestens auf dem Madrider Flughafen war die Gelegenheit da,
sich kennenzulernen, und während des Flugs hatte man/frau ja 12
Stunden Zeit, sich zu 'beschnuppern'. An diesem tropisch heissen
Nachmittag der Ankunft auf der Zuckerinsel sollte unser Traum
Realität werden. Die Maschine landete pünktlich auf dem
Flughafen "José Marti" in Havanna. Meine Erwartungen
waren gross, und ich hatte mir vorgenommen, meinem Idealismus nicht
total freien Lauf zu lassen. Ich hatte keine Chance: Kuba und vor
allem die kubanische Bevölkerung zogen mich sofort in ihren
Bann. Die Veranstaltungen Die Vorbereitungen für die Debatten hatte man/frau regional
mit den Themen Beschäftigung, Demokratie, Mitbestimmung und
Rassismus getroffen. In der Schweiz hatten verschiedene
Solidaritätsfeste mit der Frauenband "Wemean" und
Camilo Guevara, dem Sohn von Che Guevara, stattgefunden. Sämtliche
Einnahmen dieser Veranstaltungen flossen in den internationalen Fond
des Festivals. Die ersten vier Tage waren wir in der "Lenin-Schule"
untergebracht, wo uns beste Infrastruktur geboten wurde. Massenlager
(nach Geschlecht getrennt), Kantine (mit rationierten Essensbons),
Cafés, Bars (fast alles für 1 Dollar), Open-Air-Konzerte
(gratis), Swimmingpool (gratis), Telefongespräche (6 Dollars die
Minute), Informationsbüro, Terrasse, Ausstellungen,
Souvenir-Shops (viele Dollars), Taxis (für noch mehr Dollars)
und reichlich Festival- Atmosphäre. Victoria Velasquez, erste
Sekretärin des UJC, hielt an einem Nachmittag eine Rede, die
dank der Delegierten mit etwas mehr "Pfeffer im Hintern",
zu einer singenden und Parolen rufenden Demo "ausartete".
Victoria informierte uns über die Vorbereitungen der Aktivitäten
und die extrem grossen Anstrengungen des Volkes, das Festival zu
ermöglichen. Dabei war zu hören, dass statt den erwarteten
7'000 Delegierten über 12'000 Anmeldungen eingetroffen waren!
Aus diesem Grund konnten dann auch nicht alle Teilnehmenden an den
Debatten mitmachen, wie es vorgesehen war. Es gab andererseits viele
Möglichkeiten, an kleineren Diskussionen in den "Casa
Clubs" der verschiedenen Kontinente teilzunehmen. Das
Kulturangebot war sehr gross und sehr "salsös", in der
Piragua, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, so zum Beispiel die
geplante Rocknacht, die infolge Regenwetters abgesagt werden musste.
In der "Lenin-Schule" trafen wir auch unsere kubanischen
Betreuer Daima und José. Sie kümmerten sich während
der ganzen Zeit aufmerksam um uns. Überhaupt ein grosses
Kompliment an dieses einzigartige, erfinderische Volk. Es war nicht
zu übersehen, dass es tatsächlich fast übernatürliche
Anstrengungen brauchte, damit sich alle wohl fühlten. Unterkunft bei kubanischen Familien Am Sonntagabend fuhr man/frau uns in den Park der 15. Strasse
zwischen 8 und 10 in Vedado, wo wir von unseren Gastfamilien abgeholt
wurden. Eine Namensschilder schwingende Menschenmenge drängte
sich an unsere "Guagua" (Autobus) mit erwartungsvollen,
nein neugierigen, Gesichtern (wir waren nicht weniger gespannt). Die
wahre Überraschung war unser Empfang im Barrio (Quartier). Mit
einem türkischen Compañero aus der Schweiz kam ich in
unserem Viertel an. Die ganze Nachbarschaft hatte sich zu unseren
Ehren draussen versammelt und begann zu singen, uns zu umarmen,
willkommen zu heissen, Verse vorzulesen. Das meiste wurde von den
Kindern gestaltet. So standen wir in einer dekorierten Strasse
inmitten von Havanna mit offenen Mündern, und all diese Leute
behandelten uns wie ganz besondere Gäste. Wie kann man/frau
dieses Volk nicht sofort ins Herz schliessen? Sympathie auf den
ersten Blick... Über meine neue Familie gäbe es einiges zu
schreiben. Ich weiss nur nicht, wo ich anfangen und aufhören
soll. Wir verbrachten einfach eine einmalige Zeit zusammen, und ich
vermisse sie heute sehr. Das Festival Die Eröffnung des Festivals war grossartig, aber für uns
eine Strapaze. Am Morgen gab es einen Solidaritäts-Marathon -
einen 4,5 Km langen Lauf auf dem Malecon - bei brütender Hitze
(zum Glück freiwillig) -, das Mittagessen im jeweiligen Casa
Club und am Nachmittag den Umzug sämtlicher Delegationen, sehr
eindrücklich und vielfältig, sowohl für die
ZuschauerInnen, wie auch für uns. Dann erfolgte, wie eine
riesige internationale 1. Mai-Demo, mit reichlich roten Fähnchen,
die offizielle Eröffnung auf der Escalinata der Universität
- mit Präsenz des Commandante en Jefe Fidel Castro. Am Abend
dann ein Salsa-Konzert in der Piragua, mit Isaac Delgado und
Tausenden von ZuhörerInnen auf dem Malecon.
Aufführungen, Ausstellungen und Ausflüge Für jeden Kontinent stand ein Klubhaus (Casa Club) mit einem
eigenen Politik- und Kulturprogramm zur Verfügung, verteilt über
die Küste von Havanna. Der Platz für Ausstellungen der
Delegationen und Organisationen wurde voll ausgenutzt. Wir Schweizer
und Schweizerinnen stellten Fotos von Genfer Squats (besetzte Häuser
in Genf) aus . Es gab zum Beispiel im Casa Club Europa eine Bühne,
auf welcher fast nonstop etwas vorgeführt wurde von
KünstlerInnen aus Kuba, aber auch von Delegierten. Jeden Morgen
trafen wir uns im Park, wo die "Guaguas" mit den diversen
Destinationen auf uns warteten. Für Leute ohne Einladung für
die Debatten im Palacio de las Convenciones wurden Ausflüge und
Besichtigungen organisiert. Die Reise in die Provinzen konnten leider
nur wenige von uns antreten. Informationen über den Verlauf des
Festivals vermittelte täglich die Zeitung "Juventud
Rebelde" oder das TV. Zum Mittagessen traf man/frau sich in
verschiedenen Klubhäusern. In jedem dieser Häuser erhielten
wir dasselbe Lunchpaket: pollo frito y papas fritas, ein Chrömli,
einen Saft, ein paar Bonbons. Der grosse Moment Der Moment der Klausur kam schnell, und wir spekulierten den
ganzen Tag, ob Fidel eine Rede halten würde oder nicht. Vorher
besichtigten wir die Expo-Kuba. Um 15.00 Uhr sollten wir abgeholt
werden für das Panamerica-Stadion auf der andern Seite von
Havanna. Zwei Stunden später als vorgesehen fuhren wir dann los.
Die Schulbusse bildeten eine kilometerlange Schlange. Als wir am Ziel
ausstiegen, kam wieder Demo-Ambiance auf. Während der ganzen
Wartezeit auf den offiziellen Akt der Klausur entwickelte sich eine
Superstimmung. Zu unserem Bedauern sprach Fidel Castro nicht. Er
überliess das Wort den Anderen. Aber die Darbietungen von über
tausend kubanischen KünstlerInnen und Kindern, vor allem die
"pizarra humana", war einzigartig. Die meisten von uns verliessen Kuba zwei Tage später. Ich
hatte das Glück, danach noch weitere 10 Tage bei "meiner"
Familie in Kuba verbringen zu können.
Wir verbrachten eine unvergessliche Zeit und ich werde "trabajar
mucho para volver pronto". Zurück zur Hauptseite vom karnikl oder des KulturZentrums Bremgarten KuZeB
© 1997, 2022 Copyright beim Verein KulturZentrum Bremgarten KuZeB some rights reserved (Creative Commons BY-SA). Geändert am 31. Mai 2009. Erstellt von Kire.